Influencer an die Macht - Aminata Belli, die sich nicht ausschließlich für Brands und Klicks interessiert, spricht darüber, wie Reichweite für mehr als Kooperationen genutzt werden kann
Vom Rummel in den Fashion-Zirkus.
Die gelernte Modejournalistin Aminata Belli schafft den Drahtseilakt, ihren
Feed nicht nur mit dem typischen Modeklischee-Content zu füllen. Gekonnt gibt
die 26-jährige auch den nicht so tragbaren Dingen einen Raum. Das inmitten der
Selbstdarstellung und Kurzlebigkeit von Social Media. Zwischen Interviews für Warner
und Fashion Events jongliert sie, die sich als Vorbild für ihre jüngeren
Follower sieht, mit gesellschaftspolitisch relevantem Mehrwert. Warum
Influencer mehr als nur die Werbetrommel rühren sollten und wie ihr
persönliches Statement-Shirt lauten würde, verrät sie uns heute. Und das ganz ohne
sponsored by.
Doro: Im Bereich Social Media
Postings ist ja viel Emotionalität durch persönlichen Statements im Netz. Ziehst
du irgendwo deine Grenzen?
Aminata
Belli: Das schaff ich nicht. Meine Leitlinie ist: Ich mache das, wonach ich
mich fühle. Wenn ich sehe, dass irgendwas passiert, was ich nicht cool finde,
dann muss ich mich ja nicht stoppen. Ich bin ein sehr emotionaler Typ. Ich
glaub ohne Emotionen kann man auch nicht so richtig Meinungen bilden, sich
selbst – das spielt ja immer einher. Das Ist schwierig zu trennen.
Denkst du, das Ansprechen von nicht
ganz so instagramablen Themen könnte deine Reichweite zukünftig reduzieren?
Nein,
davor habe ich keine Angst. Ich bin von allem, was ich mache, überzeugt und
stehe dahinter. Wenn mir dann irgendjemand entfolgen möchte, weil ich das angesprochen
habe, kann ich auch gerne auf den Follower verzichten. Ich habe lieber die
Leute, die Meinungen auch teilen oder verstehen anstatt Leute, die nur
irgendwas Pinkes sehen wollen. Da geht’s mir eher um Inhalt als um Reichweite.
Das bedeutet, du stimmst dem
Statement zu: Je flächendeckender man eine Botschaft verbreitet, desto
selbstverständlicher wird sie, besonders wenn sie von Leuten mit Reichweite
geteilt wird?
Ich
glaub schon, weil man dadurch mehr awareness schafft. Wenn du darüber sprichst und
Leute dir eh schon folgen, dann denken sie darüber nach. Wenn sie sich nicht
für Politik interessieren, dann lesen sie ja auch nix, aber wenn sie es von einer
Person hören oder lesen, die sie mögen, dann hören sie sich das eher an. Was
wiederum dafür sorgt, dass man mehr über Politik nachdenken und sprechen würde.
„Manchmal ist das keine
Entscheidung, ich möchte jetzt politisch sein, sondern ein ganz natürlicher
Prozess“
Wie kommt es zu deinem Interesse an
gesellschaftlichen und auch politischen Themen? Gab es dafür einen bestimmten
Auslöser oder siehst du dich in dem Punkt als eine Art Jesus der Moderne?
Eigentlich
glaube ich kommt das einfach von mir aus, vom Leben. Vielleicht weil ich anders
aussehe und anders in der Gesellschaft wahrgenommen werde, als andere Menschen.
Da ist das zwangsläufig so, dass man sich damit auseinandersetzen muss oder
ganz anders davon affected wird. Manchmal ist das keine Entscheidung, ich
möchte jetzt politisch sein, sondern das ist ein ganz natürlicher Prozess. Ich will
niemandem helfen in irgendeine Richtung zu denken, ich will nur wissen, dass
die Leute wissen was geht. Weil ich weiß, dass ich meine Reichweite nicht nur
dafür nutzen kann zu sagen, welche Schuhe jetzt gerade cool sind, sondern auch dafür,
was wichtig ist. Fürs Leben und für unsere Gesellschaft.
Lisa Banholzer von BloggerBazaar
sagt in einem Interview mit der ‚Welt‘, dass sie „Politik sexier machen“
möchte. Was findest du fehlt der deutschen Politik, um sie besser in unsere
heutige Zeit integrieren zu können?
Ich
hoffe, dass die Politik verständlicher wird. Ich glaube, ganz viele Leute
verstehen gar nicht, was das alles bedeutet. Viele Politiker reden, reden,
reden und am Ende haben sie die Frage ja doch nicht beantwortet. Das ist auch
der Punkt, warum viele da gar kein Bock drauf haben, weil sie sich denken, ich
check‘s nicht, wie Mathe. Warum soll ich mich damit auseinandersetzen, wenn ich
es nicht verstehe und ich glaube das ist Politik. Da brauchen wir so Medien
oder Typen wie Tilo Jung, von dem Blog Jung & Naiv, der Politik übersetzt.
Das US Magazin „Forbes“ hat Politik
zum größten Trend der New York Fashion Week 2017 im Frühjahr gekürt. Stimmst du
dem auch für die deutsche Modeszene zu?
Voll!
Also Mode ist ja immer politisch. Wenn du Sachen trägst, die bestimmte Aussagen
haben, dann ist das natürlich mit Politik verlinkt. Gleichzeitig kann man aber auch
die Mode nutzen, um mehr auf Politik aufmerksam zu machen. Große Designhäuser und
Designer können durchaus modisch Statements setzen und die Mode als Sprachrohr
nutzen, wenn die Consumer das auch verstehen. Es geht letztendlich um
Äußerlichkeit, die auch ohne Politik funktionieren würde, aber mit Politik
natürlich viel gehaltvoller, besser und innovativer ist
Parteien-Merch
– sinnvoll oder zu viel des Guten?
Naja, ich weiß nicht. Eigentlich wäre
Partei-Merch ja cool. Ich glaube, wenn man es mehr nach außen tragen würde, wortwörtlich
tragen, würde man auch drüber sprechen. Dadurch kann es aber auch passieren,
dass Leute eine Partei cool finden wegen des Logos und des Looks. Du weißt aber
nicht, was dahintersteckt. Wenn es um Politik geht, dann ist das sehr schlecht.
Was
hältst du von Logo Sweaters mit einem gesellschaftlich relevanten Statement und
was würde auf deinem eigenen stehen?
Ich finde
Statement Shirts an sich scheiße. Es geht gar nicht klar, wenn das zum Beispiel
so Wandtattoo mäßig ist.
‚Don’t be quiet be bold‘. Das finde ich, wenn man drüber nachdenkt, echt gut. Es
ist wichtig, dass wir nicht ruhig sind, sondern den Mund aufmachen. Wir sollten
unsoziales Verhalten nicht entgegennehmen. Das machen wir ja oft. Sag was! Teil deine Meinung und zeig es den
anderen Leuten. Einfach mit Augenzwinkern sagen: eigentlich war das grad
scheiße, aber ich nehm‘s dir nicht übel!
Über
Aminata Belli
Stammt aus einer
Schaustellerfamilie
Wollte seitdem sie 13
ist etwas mit Journalismus machen
Seit 2012 YouTuberin
Absolventin der AMD im
Bereich Modejournalismus
Moderatorin für Warner
Music
Feste Mitarbeiterin der
Grazia bis Ende 2016
Mitwirkung bei der FAZ Kampagne 80%
Instagram: aminatabelli
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