"Ich gehöre zu denen, die nichts verdrängen. Die alles auf den Tisch knallen, mag es noch so schockierend sein. Hauptsache ehrlich, Hauptsache keine Geheimnisse vor denen, die mir wichtig sind. [...] Ehrlichkeit anstelle von Geheimniskrämerei, Misstrauen und Dramen, wenn es dann doch rauskommt. Die ehrlichen Geschichten sind dabei natürlich nicht immer schön zu hören, sie zu verschweigen oder zu lügen kommt für mich aber einfach nicht infrage. Ich kann nur ehrlich sein, wenn Vertrauen entstehen soll – ehrlich zu anderen, und ehrlich zu mir selbst. Milena von Amazed
Ich bin für vollkommene Ehrlichkeit. Ich finde es furchtbar
im Dunkeln zu tappen und nicht zu wissen woran man ist, weil sich der andere
nicht einig ist. Sich nicht entscheiden will und dich damit zappeln lässt, wie
einen Fisch. Man weiß ja nie, was noch
kommt oder wer noch kommt, aber andererseits will Mann ja auch nichts verpassen…
Anstatt dann aber ehrlich und konkret den Stand der Dinge klar zu stellen, wird
Kaffee gekocht und das ohne absehbare Ende. Klar muss man, wenn man etwas
aufsetzt, am Herd stehen bleiben und aufpassen, dass nichts anbrennt…aber aus
lauter Unentschlossenheit das ganze so lange kochen lassen, bis der Kaffee
verdampft ist, ist auch nicht die beste Idee. Davon hat am Ende keiner etwas!
Ehrlichkeit wird geschätzt. „Ich finds toll, dass du so ehrlich bist!“ Zwischen den Zeilen
schwingt dann aber doch ein „…aber wenn
du nur halb so ehrlich wärst, wär es irgendwie auch cool. Ich mein ja nur…“
Zu viel Ehrlichkeit macht den Leuten meistens Angst. Sie wissen nicht, wie sie
damit umgehen sollen. Wenn sie mit so viel Wahrheit konfrontiert werden.
Normalerweise sind wir ja alle so unglaublich subtil und versuchen unserem Gegenüber
im Subkontext des Gesagten, Geschriebenen oder auch nur non-verbal mitzuteilen,
was wir eigentlich wollen. Von ihm erwarten. Die wenigste verstehen sich
darauf, dieses ungesagte, ungeschriebene, verschwiegene, zu deuten. Sind sie ja
selbst schon mit ihren eigenen Empfindungen und subtilen Subkontexten überfordert.
Nichts gegen Subtilität. Manchmal ist die wirklich
angebracht. Man muss ja nicht immer gleich völlig blank ziehen. Weder
körperlich noch seelisch. Manchmal muss man dem Gegenüber erstmal in die
richtige Richtung lenken, bevor man den Wein auspackt und über Gefühle oder
anderen gar zu ehrlichen Kram spricht. Es ist ja auch nicht gerade durchdacht,
den anderen in eine Schockstarre zu versetzten. Auf Wahrheit, auf Ehrlichkeit
braucht man eine Gegenreaktion, die im besten Fall genauso ungetrübt ist wie
die eigene. Ehrlichkeit hat die schlechte Angewohnheit, einem immer zu sehr auf
die Pelle zu rücken. Einen zu verunsichern; außer Gefecht zu setzen. Das will man ja eigentlich vermeiden. Man
möchte ehrlich sein, ohne den anderen unter Druck zu setzen oder den Drang
auszulösen, sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen.
Bring Wein mit, wir
müssen über Gefühle reden! Wir müssen reden hat immer einen unangenehmen
Beigeschmack, der sich vorzüglich mit Wein oder anderen hochprozentigen Spirituosen
herunterspülen lässt. Wir müssen reden bedeutet in den meisten Fällen nichts Gutes.
Weil es dann immer um etwas geht. Courage gefragt wird. Wenn jemand diese drei
Worte auspackt, wird einem immer gleich flau im Magen. Wir müssen reden ist nie
neutral. Es verlangt etwas: Aufrichtigkeit. Die ist man aber nie so gern bereit
zu geben. Es ist ja auch schon eine verdammte Kunst seinen ganzen Kram, den man
so mit sich herumträgt so gut unter Verschluss zu halten. Wer weiß, was da
passiert, wenn man auf einmal etwas rauslässt. Vielleicht ein kompletter
Systemabsturz. Eben. Den will ja nun wirklich keiner von uns riskieren. Daher der Wein. Im Zweifelsfall, hat der dann nämlich an allem Schuld. Hauptsache man
muss selbst nicht dazu stehen und kann sich daran festhalten. Er wird
vorgeschickt um die Lage abzuklären. Wenn die dann, aber wirklich nur nach
tausendmaligem Überprüfen, sicher ist,
dann kann man langsam anfangen Schicht für Schicht abzulegen.
Ehrlich sein und einmal aufrichtig zu dem
stehen, was man wirklich sagen will. Ohne Subtilität. Ohne im Subkontext,
zwischen den Zeilen versteckte Forderungen und Erwartungen. Einfach so .
Aufrichtig und komplett Schutzlos. Der Ehrlichkeit des anderen genauso
ausgeliefert, wie er einem selbst. Ohne Garantie. Doch dafür einmal alle Karten
auf den Tisch gelegt. All in.
Wer nichts hat kann nichts verlieren, aber wer
nichts riskiert, wird wohl nie etwas von Bedeutung haben.
Also holen wir statt Wein, Wasser raus, damit uns die Spucke
im Mund nicht ausgeht und genug Platz für die bedeutungsvollen Sätze bleibt,
die wir aus den Tiefen unserer Seelen holen. Damit wir den Kaffee endlich einmal
genießen können. Ohne wenn und aber, sondern jetzt und sofort, da schmeckt er nämlich
am allerbesten!
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