KUNST | KOLUMNE | SONNTAGSKOLUMNE | MYPHONETELLSSTORIES | REISEN/TRAVEL | FASHION | FOOD


Sonntagskolumne // "Wir lassen uns scheiden"

1/14/2018


Nur weil man der ist der geht macht es das Ganze nicht automatisch leichter. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, wenn ich der wäre, der geht, das würde alles ändern. Verändern. Es wäre leichter und ich würde nicht so stark davon eingenommen werden.


Jetzt bin ich die, die geht. Die gegangen ist und es fühlt sich nicht besser an. Im Gegenteil. Wieder war ich der Part mit dem Drama. Was nicht heißen soll, es hat sich eine dramatische Szene abgespielt. Es ging mehr darum, dass es unerwartet war. Es war ein Drama für mich. Im inneren. Ich war unvorbereitet. Die einzige, die diesen Ausgang weder vorhergesehen noch einkalkuliert hatte.

Es war das real gewordene Klischee einer Trennung, wie man sie nicht besser in irgendeiner Kitsch-Komödie im Tv hätte finden können. Man trifft sich, um zu reden. Erwartungsvoll, da man sich schon lange nicht gesehen hatte. Ja es war schwierig in letzter Zeit, aber nichts, was man nicht hätte hinbekommen können. Es wird über das Wetter, das Leben und lauter belanglose Dinge gesprochen, bis einer den Mut aufbringt Nägel mit Köpfen zu machen. 

Eine unangenehme Nachricht wird nicht schöner, nur weil man sie durch die Blumen spricht.

Wir sehen da keinen Sinn mehr. Erklärungen. Versuche das Ganze ein klein wenig erträglicher zu machen. Es liegt nicht an dir, aber… und da war dieser Moment, der genau so und nicht anders im Skript einer Dramedy hätte stehen können. Da saßen wir dann also in dieser äußerst unangenehmen Situation. Ich am weinen und um mich herum betretene Gesichter. Man kann niemanden aufmuntern, vor dem man gerade eine Bombe platzen lassen hat und nichts was gesagt wird macht die Situation irgendwie besser. Das ist wie mit dem Pflaster abreißen. Das muss kurz und schmerzlos gemacht werden, sonst ist es für alle beteiligten eher eine Qual. Dabei ist es so oder so schon nicht angenehm. Da gibt es einfach ein paar Dinge, die man nicht unnötig in die Länge ziehen sollte und diese Situation war eins davon. Wir können ja auch noch weiterhin…wenn du da bist…

Ja. Schön. Aber das ist ja nicht da selbe. Das ist nicht das was ich will. Und nein, ich will das auch nicht woanders, anders und mit anderen. So wie es war, war es perfekt. Doch manche Dinge halten Distanzen eben doch nicht so aus. Doch manche sind auch nicht bereit so viel zu opfern, zu kämpfen und sich Umstände zu machen. Das kann man niemandem vorwerfen. Wir sind nicht alle aus demselben Holz geschnitzt und das ist auch gut so. Das macht es trotzdem nicht leichter.
Ja sag doch auch mal was dazu.

Ja was soll man denn da groß zu sagen. Wenn man sowieso keine Wahl hat. Mehr so rhetorisch gefragt wird, weil eine Entscheidung sowieso schon getroffen wurde. Wie bei einer Scheidung. Bei der nur noch höflich mitgeteilt wird. Wir hoffen, das ist okay für dich!“ Nein ist es nicht. Es ist scheiße Ganz große. Aber was will man da machen. Manche Dinge hat man eben nicht in der Hand, die werden einem aus der Hand genommen. Wortwörtlich. Es ist ja nicht so, als ob ich es nicht verstehen würde. Ich kann das nachvollziehen. Ich verstehe es. Den anderen Standpunkt nur macht es das auch nicht besser. Macht es nicht „okay“. Ich hätte da auch gerne ein Wörtchen mitgeredet. Gemeinsam besprochen. Immerhin ist das eine Angelegenheit die alle von uns betrifft und angeht. Ich wäre gerne nicht so vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Informiert worden. „Du Rudi, die Mama und der Papa lassen sich scheiden.“ Fehlt nur noch die Frage „was machen wir mit den Kindern?“

Ich dachte immer, es wäre leichter, wenn man derjenige ist, der geht. Doch das stimmt nicht. Die Welt dreht sich ja auch für alle anderen weiter. Man kann eben nicht an zwei Orten gleichzeitig sein und dazwischen ist auch keine gute Idee. Die Zeit dreht sich nämlich weiter und nicht nur die eigenen Umstände verändern sich. Wenn es nur um eine oder zwei Menschen geht, dann ist das vielleicht machbar. Wir waren vier und wenn die Mehrheit beschließt, dass es für sie nicht weiter tragbar ist, dann ist Widerstand zwecklos.

Wir müssen alle mit den Entscheidungen in unserem Leben leben. Das war meine Entscheidung: Zu gehen. Weil mir die Stadt zu klein war. Zu eng und kein Ort, an dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte.

Nein, es ist nicht okay. Doch ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich bin gegangen und dann hab ihr eben entschieden, dass es Dinge gibt die so nicht funktionieren. Und ja ich versteh das. Kann das nachvollziehen. Jedoch hätte ich anders entschieden. Weil ich an Dinge glaube. Auch wenn das naiv und völlig irrational ist. Ich glaube daran. Daran, dass wenn man nur genug will alles möglich ist. Ihr habt nicht dran geglaubt. Das ist nicht schlimm. Dafür seid ihr einfach viel zu rational. Ich bin eben ein Träumer und daran wird sich auch nie etwas ändern. Eigentlich will ich eure Entscheidung nicht akzeptieren, aber ich muss es. Es macht mich unglücklich aber daran kann auch nichts was gesagt wird oder wurde etwas ändern.

Nur weil man der ist der geht macht es das Ganze nicht automatisch leichter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen